Solidarität mit dem Refugee-Hungerstreik am Oranienplatz

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Refugee Strike

Solidarität mit dem Refugee-Hungerstreik am Oranienplatz

Liebe Berliner_Innen,

Am Dienstag den 8. April wurde das selbstorganisierte Protestcamp der Refugees am Oranienplatz geräumt. Ein Teil der Refugees nahm das Angebot des Berliner Senats an, den Oranienplatz als Unterkunft aufzugeben, im Tausch für ein festes Dach über dem Kopf und eine Einzelfallprüfung ihres Asylverfahrens. Andere hingegen wurden gegen ihren Willen vom Ort ihres Protests vertrieben und obdachlos gemacht. Ihre Forderungen sind nach wie vor unerfüllt: Dauerhaftes Bleiberecht für alle, Abschaffung von Abschiebung, Lager, Residenzpflicht und Arbeitsverboten. Aber auch die Einzelfallprüfungen bergen für viele Refugees, abhängig von ihrem Aufenthaltsstatus, ein hohes Risiko. Vertrauen in das deutsche Asylsystem ist schließlich fehl am Platz. Trotz des Wissens um die unterschiedlichen Haltungen der Refugees, nötigte der Senat schließlich sogar einen Teil von ihnen, nicht nur ihre eigenen Zelte abzubauen, sondern auch die Zelte derjenigen Refugees gewaltsam abzureißen, die weiter protestieren wollten. So sparte er sich die hässlichen Bilder einer polizeilichen Räumung und forcierte damit stattdessen Auseinandersetzungen zwischen den Refugees.

Die Entscheidungen eines Teils der Refugees das Senatsangebot anzunehmen können wir - zumal viele von uns mit einem deutschen Pass und einem Dach über dem Kopf ausgestattet sind - nicht verurteilen. Der Senat allerdings hat, indem er den Oranienplatz zur Verhandlungsmasse machte und in beispielsloser Weise die Räumung des einen Teils der Refugees durch den anderen Teil erpresste, selten eine solch infame Kreativität an den Tag gelegt, um die Existenzen von Menschen gegeneinander auszuspielen. Bleiberecht und Unterkunft sollten eine Selbstverständlichkeit sein und nicht gegen einen Ort des Protest feilgeboten werden!

Aus Protest gegen das Vorgehen des Senats sind 4 Refugees seit dem 8.4. auf dem Oranienplatz in den Hungerstreik getreten. Sie werden dabei von vielen Refugees unterstützt, die seit Beginn Teil des O-Platz-Protests waren. Ihre Forderungen sind:
1) Die erneute Etablierung von Infopunkt und Versammlungszelt auf dem Oranienplatz
2) Die Anerkennung der Schule in der Ohlauerstrasse als selbst-organisiertes politisches Zentrum von Refugees
3) Aufenthaltserlaubnis für alle Refugee-Aktivist_Innen, die sich am Oranienplatz-Protest beteiligt haben

Die Spaltungspolitik des Berliner Senats hat auch zur Folge, dass sich viele aus den Protesten zurückgezogen haben oder unsicher sind was sie tun sollen. Doch durch den Hungerstreik haben die Refugees wieder einen Weg gefunden, unsere Kämpfe gegen das unmenschliche Asylsystem in Deutschland und Europa sichtbar zu machen. Wie die Hungerstreikenden auch, finden wir, dass es nicht darum geht, gegen Teile der Refugees Partei zu ergreifen, sondern gegen den Senat und darum, praktische Solidarität zu zeigen. Obwohl die Polizei wiederholt einfache Sachen wie Regenplanen verboten hat, setzen sich die Hungerstreikenden Hunger, Wind und Regen aus, um sich nicht zum Schweigen bringen zu lassen. Brechen auch wir unser Schweigen. Der Kampf gegen den institutionellen Rassismus geht weiter und der Protest am Oranienplatz ist noch lange nicht vorbei!

Wie kann ich die Hungerstreikenden am besten unterstützen?
Am dringensten werden gerade Menschen gesucht, die vor Ort Präsenz zeigen und in Schichten (auch nachts) die Versammlungsleitung übernehmen. Das heißt,
1.) bei der Infonummer anzurufen (015210653380) und fragen, welche Schichten noch frei sind und sich in den Schichtplan eintragen zu lassen,
2.) bei Schichtbeginn die Versammlungsleitung zu übernehmen. Einfach zusammen mit der Schicht davor zu den Cops gehen. Die Polizei notiert sich dann Perso-Daten, fertig (Reisepass oder Führerschein gehen auch),
3.) das gleiche mit deiner Ablösung machen.

Darüber hinaus gilt es gemeinsam zu überlegen, wie der Druck auf die Politik aufrechterhalten, die Bewegung wieder verbreitert und der Protest in die Medien gebracht werden kann. Jeden Tag um 19 Uhr gibt es ein Plenum auf dem O-Platz, wo alle zusammen beraten was getan werden kann. Und selbst wenn ihr keinen Bock auf Debatten und Plenum habt, lasst euch nicht lähmen. Tut euch zusammen, seit kreativ, macht Aktionen. Füllt den O-Platz wieder mit Leben, mit Filmen, mit Nachbarschafts-Tee-Trinken oder was euch sonst einfällt. Oder tragt den Widerstand in andere Teile der Stadt.

Verbreitet die Infonummer (015210653380), macht Schichten und sorgt dafür, dass der Senat unseren Protest nicht kleinkriegen kann!