Call for Papers arranca! #41: Transformationsstrategien

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Wie sehr wir den „Tag der Entscheidung“ auch herbeisehnen - dass eines schönen Tages der revolutionäre „Hammerschlag“ (Luxemburg) der Arbeiter_innen-Klasse die Wand zwischen der kapitalistisch organisierten Gesellschaft und der besten aller möglichen Welten niederreißen wird und wir in der schon sprichwörtlichen 'anderen Welt' erwachen, scheint derzeit, gelinde gesagt, unwahrscheinlich. Die nächste arranca! geht auf Konfrontationskurs mit dem Ende der Geschichte und befasst sich mit möglichen Strategien der Transformation von Gesellschaft.

Gesellschaftliche Veränderung ist kein historisch determinierter Prozess. Ob Marxismus oder Poststrukturalismus, Geschichte wird immer noch gemacht. Und zwar nicht von irgendwelchen Lokomotiven der Weltgeschichte, sondern irgendwie von uns allen. Dieses 'irgendwie' aber reicht - bei allem Verständnis für Ratlosigkeit angesichts der Komplexität der Welt - nun einmal nicht aus und so ist es an der Zeit, mit dem vermutlich größten W-Wort der Linken eine der ganz entscheidenden Fragen zu stellen: Wie bloß?

Reform versus Revolution, Marsch durch die Institutionen oder Sturm aufs Winterpalais, kritische gegen verkürzte Kritik – entlang solcher Dichotomien wurde die Wie-Frage in der Vergangenheit zumeist end- und fruchtlos diskutiert. Wir glauben jedoch, dass sich so manche dieser unvereinbar erscheinenden Gegensätze genau dann auflösen lassen, wenn das Wagnis der politischen Praxis unternommen wird. Deshalb wollen wir möglichst konkret werden, wenn wir für die kommende arranca! jene Ansätze sammeln und diskutieren, deren transformatorische Kraft auf eine Welt jenseits der vielfältigen Herrschaftsformen abzielt: Welches sind die kulturellen, politischen, sozialen Kampffelder, auf denen um Praktiken und Lebensweisen gerungen wird? Wo sind Bruchstellen, Risse, Lecks, in welche Kämpfe lohnt es sich als radikale Linke einzugreifen? Wie kann verhindert werden, dass radikal gesellschaftskritische Ansätze ins Gravitationsfeld des Tauschwertes geraten, umgearbeitet werden und uns künftig als neoliberales Herrschaftsprojekt wieder entgegentreten? Wie verbinden wir Forderungen nach konkreten Veränderungen, wie gesellschaftliche Teilhabe und soziale Sicherheit für alle, mit einer emanzipatorisch-antikapitalistischen Kritik am Bestehenden? Bedeuten die von Linken vorgeschlagenen realpolitischen Schritte – zum Beispiel kostenlose öffentliche Dienstleistungen oder das Existenzgeld – nur veränderte Reproduktionsbedingungen innerhalb des kapitalistischen Ordnungsrahmens, oder sind sie Fingerzeige, gar Elemente einer nicht- bzw. nachkapitalistischen Ordnung? Und schließlich: Wie würde die herbeigesehnte Zukunft aussehen – kann oder sollte sie überhaupt im Vorhinein entworfen werden?

Eure Beiträge dürfen ins Detail gehen, frühere Ansätze und Erfahrungen hervorholen und vermeintliche Randthemen beleuchten: Wie verhält es sich mit dem emanzipatorischen Potenzial neu entwickelter Technologien und ihrer alltäglichen Anwendung? Wird im Computerkommunismus die Produktion nicht mehr durch die Konkurrenz auf dem Markt gesteuert, sondern mittels vernetzter Kommunikation und kluger Algorithmen an Bedürfnisse und Ressourcen angepasst? Besorgen Blogs, Twitter & Co die Demokratisierung der Informationspolitiken von ganz alleine? Welche Strategien existieren heute im Spannungsfeld zwischen Mensch, Umwelt und Maschine? Was können wir aus früheren Ansätzen lernen, was ist beispielsweise aus den Harawayschen Cyborgs geworden? Kann eine Veränderung von Sprache auch die Gesellschaft verändern? Was können Ansätze solidarischer Ökonomie ausrichten und kann Planwirtschaft funktionieren? Wollen wir die Überwindung von Repräsentation? Radikale Demokratie? Ein Rätesystem?

Wir freuen uns auf spannende, anregende Artikelvorschläge. Und da die Kunst der Linken heute unter anderem darin besteht, weiterzukämpfen, auch wenn alle großen Utopien gescheitert sind, gilt auch für die kommende Ausgabe: Think big! Denn eine Alternative zu wirklichen Veränderungen gibt es trotz allem nicht. Eine andere Welt ist nämlich vor allem eines: nötig.

Wenn jemand Lust hat, sich auch auf der graphischen Ebene mit Transformationsstrategien auseinanderzusetzen und das Layout der nächsten Nummer zu gestalten, würden wir uns ebenfalls freuen, wenn ihr uns Vorschläge schickt oder euch meldet.

Wir nehmen übrigens auch gerne Artikelvorschläge entgegen, die sich nicht in erster Linie mit diesem thematischen Schwerpunkt befassen.

 

Der Einsendeschluss für eure Artikelvorschläge ist der 30. August, die Artikeldeadline ist der 11. Oktober.

Redaktion arranca!, August 2009

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