Für eine linke Strömung - Selbstverständnis

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Schweinesystem

Waldorf: Well, you gotta give them credit.
Statler: Why's that?
Waldorf: Well, they're gonna keep on doing it till they get it right.


Nichts ist wie es ist, weil es so ist! Gesellschaftssysteme sind von Menschen gemacht, und Herrschaftsverhältnisse haben keine naturgegebene Daseinsberechtigung. Der Mensch als handelndes Subjekt kann Herrschaftsverhältnisse mit anderen Menschen in kollektiver Form bekämpfen und sie verändern. Mit diesem Anspruch startete 1991 die Gruppe Für eine linke Strömung (FelS).

Von den Anfängen bis heute: Kritik an der Autonomen Bewegung und gesamt-gesellschaftlicher Anspruch

Die Gründung von FelS war der Versuch, die Perspektivlosigkeit und gesellschaftliche Isolation zu überwinden, in der sich weite Teile der radikalen Linken in Deutschland nach dem Wegfall des Realexistierenden Sozialismus im Osten 1989 befanden. Schließlich starb mit der DDR auch eine – wenn auch staatssozialistische und autoritäre – Utopie eines Staates jenseits des Kapitalismus. Viel wesentlicher für eine Neubestimmung war jedoch die Bedeutungslosigkeit der radikalen Linken in Deutschland generell: Die autonome Bewegung, die ihre Hochzeit Anfang der 1980er Jahre hatte, war wirkungs- und kraftlos. Die K-Gruppen der 1970er Jahre, die hauptsächlich einen maoistisch-kommunistischen Parteiaufbau betrieben hatten, waren weitestgehend verschwunden oder befanden sich in den letzten Zügen ihrer Selbstauflösung. Ansonsten gab es vereinzelte trotzkistische Gruppierungen oder Sektierer_innen.

In dieser Situation begannen einige Menschen 1990/91, sich Gedanken über Organisierung zu machen und kritisierten als Teil der autonomen Bewegung die Bewegung selbst. Theoriefeindlichkeit, Ein-Punkt-Politik, strategielose Kampagnen, geringe Verbindlichkeit, subkulturelle Selbstbezogenheit, mangelnde Transparenz und informelle Hierarchien waren einige Kritikpunkte, die in der sogenannten »Heinz-Schenk-Debatte« thematisiert wurden. Mit den 38 »Thesen für eine Neukonstituierung der Linken« setzte FelS schließlich in der ersten Ausgabe der Arranca! den Startschuss für eine Organisierungsdebatte in der radikalen Linken.

Trotz aller Kritik hat FelS mit einigen zentralen Ideen der autonomen Bewegung nicht gebrochen: Der Gedanke der Emanzipation von unterschiedlichen Herrschaftsverhältnissen oder die Form der basisdemokratischen Organisierung blieben zentrale Eckpfeiler in der Gruppe.

Wie in den Anfängen steht FelS auch heute für eine emanzipatorische Theorie und Praxis, die an der Vorstellung einer grundsätzlich anders organisierten Gesellschaft festhält. Einer Gesellschaft, in der Herrschaftscharaktere und Unterdrückungsverhältnisse in Klasse, Geschlecht, Herkunft, Hautfarbe und Bildungsstand aufgehoben sind, in der ein wirklich solidarisches Miteinander möglich ist. Für uns als politische Gruppe bedeutet das, an den realen gesellschaftlichen Verhältnissen vor Ort anzusetzen und unser gemeinsames Bedürfnis nach radikaler Gesellschaftsveränderung auch im Alltag ernst zu nehmen. Gesellschaft verändern zu wollen bedeutet immer auch, die eigene Eingebundenheit zu durchschauen und dort anzusetzen, wo sich Handlungsspielräume eröffnen. Denn wer Veränderung will, muss irgendwo im Jetzt anfangen.

Aus diesen Überzeugungen heraus waren und sind wir der Meinung, dass eine überregionale, zunächst bundesweite, Organisierung, der Zusammenschluss mit anderen und der Blick über die lokalen Befindlichkeiten hinaus eine zentrale Strategie der linker Praxis sein muss. Dieser Vernetzungsund Organisierungsanspruch, den wir mit anderen Gruppen teilten und noch teilen, führte bald zu einem wichtigen Versuch die radikale Linke bundesweit zusammen zubringen. Nach der Einladung in der Arranca! Nr. 0 1993 konstituierte sich ein bundesweiter Diskussionsprozess um Organisierung unter einigen Gruppen und Einzelpersonen, der später als »Initiative Linke Organisierung« (ILO) bekannt wurde. Das heißt, sehr bekannt wurde die ILO nicht, denn schon bald scheiterte der Versuch an fehlenden gemeinsamen Praxisfeldern und unterschiedlichen Vorstellungen von Organisierung.

Parallel engagierte sich FelS in einem zur gleichen Zeit entstandenen linksradikalen Organisierungsansatz, der »Antifaschistischen Aktion / Bundesweite Organisation« (AA/BO). Hier waren es wieder unterschiedliche Vorstellungen von Organisierung, die FelS letztendlich 1995 zum Ausstieg aus der AA/BO bewegten3. Ein wichtiger Kritikpunkt war, dass außerhalb des Antifa-Feldes keine kontinuierliche Praxis etabliert werden konnte, obwohl das explizit Wunsch und Anspruch war.

Nach einer längeren Phase der Arbeit in wechselnden Bündnissen beteiligten sich Ende der 1990er Jahre Leute von FelS an einem zunächst sehr informellen und locker organisierten Diskussionsprozess mit befreundeten und politisch nahe stehenden Gruppen und Einzelpersonen. Dieser Zusammenhang mündete dann 2005 in die Gründung der »Interventionistischen Linken« (IL), eines bundesweit organisierten Strömungsbündnisses mit bewusst offenem organisatorischen Ausgang. Ihr Debüt auf der politischen Bühne hatte die IL 2007 in Heiligendamm, wo sie als mobilisierungsfähige Akteurin die erfolgreichen Blockaden des G8-Sitzungsortes mitorganisierte. Weitere bundesweit relevante Ereignisse folgten, bei der IL-Gruppen den Protesten zum politischen Erfolg verhalfen: Verhinderung eines internationalen revisionistisch-chauvinistischen Kongresses von »Pro Köln« 2008 oder die Blockade des zentralen Naziaufmarschs in Dresden 2010.

Wer wir sind

Die FelS-Mitglieder kommen aus unterschiedlichen Zusammenhängen, und waren vorher oftmals an der Uni, im Jugend- und Kulturzentrum, in Bürgerbewegungen, Gewerkschaften, zivilgesellschaftlichen Organisationen, der Antira-, Antifa-, Häuser- oder Antikriegs-Bewegung politisch aktiv. Manche sammeln auch erste politische Erfahrungen bei FelS. Unsere Unterschiedlichkeit ist unsere Stärke, denn wir gehen offensiv mit unterschiedlichen Einschätzungen zu politischen und gesellschaftlichen Zusammenhängen um, versuchen unsere Differenz zu nutzen und nicht einzuebnen. Natürlich gibt es auch einiges Gemeinsames, was wir im Folgenden versuchen ein wenig zu erläutern:

Theoretischer Hintergrund

FelS hat sich immer an kritischen Reflexionen zur linken Theoriebildung orientiert. Dabei haben wir uns nie festlegen lassen, so dass unser Hintergrund nicht mit einem Begriff zu umschreiben ist. Viele unserer theoretischen Debatten waren und sind durch das weite Feld des heutigen kritischen Marxismus und Operaismus inspiriert. Dabei geht es uns nicht um die Reproduktion marxistischer Tradition, sondern um eine kritische Analyse historischer Transformationsstrategien und Gesellschaftsanalysen. Wir halten es für fruchtbar, sich mit den verschiedenen Ideen und Versuchen der Befreiung des Menschen zu beschäftigen, um Fehler zu reflektieren und daraus zu lernen.

Es war uns immer wichtig, gesellschaftliche Widersprüche nicht auf die Ökonomie oder gar nur auf das Verhältnis zwischen Kapital und Arbeit zu reduzieren: Für uns beinhaltet eine materialistische Analyse immer auch die Auseinandersetzung mit der kulturellen und ideologischen Verfasstheit der Gesellschaft und die Sichtbarmachung verschiedener Herrschafts- und Unterdrückungsverhältnisse. So hat speziell die Auseinandersetzung mit Gramscis Theorien von Zivilgesellschaft und Kämpfen um (kulturelle) Hegemonie viele unserer Debatten geprägt. Selbiges gilt auch für die antirassistischen und feministischen Beiträge zur Gesellschaftsanalyse der 1980er Jahre, deren Weiterentwicklungen sich heute in Diskussionen über Genderpolitiken, Globale Soziale Rechte oder Überlegungen zur weltweiten Klassen-Neuzusammensetzung finden lassen. Die Erkenntnis der Vielschichtigkeit gesellschaftlicher Machtverhältnisse ist uns ebenso wichtig wie die Identifikation der jeweils eigenen Position und die sich daraus ergebenden Interessen und Handlungsoptionen.

Perspektive

Emanzipatorische Theorie und Praxis, wie wir sie verstehen, beinhaltet Gesellschaftskritik, die sich der tatsächlichen Kräfteverhältnisse ebenso bewusst ist wie der Notwendigkeit, darüber hinausgehende Perspektiven aufzuzeigen. Das bedeutet, nicht nach gefühlter oder gewünschter Massenbasis oder dem vermeintlichen revolutionären Subjekt - vor deren Karren man sich als vermeintliche Avantgarde spannen könnte - zu schielen, sondern sich der vorläufigen Begrenztheit der eigenen Bewegung bewusst zu sein. Es ist Unsinn jeden Tag wieder den Sturm auf die Bastille auszurufen, wenn niemand da ist der mitmacht. Verbalradikalismus ohne Folgen ist nicht nur lachhaft, sondern auch aussichtslos und dient allein denen, die eh schon immer „wussten“ dass die „linken Träumer“ keine Chance haben. Diese Haltung ist keineswegs eine Absage an Utopien und die Überzeugung, dass grundlegender Wandel nicht nur möglich, sondern unumgänglich ist. Es bedeutet nur, eigene Positionen immer mit der Option auf gesellschaftliche Verbreiterung zu vertreten. Es bedeutet, Kritik an herrschenden Ideologien nicht zum Zweck der Selbstvergewisserung und Abgrenzung zu formulieren, sondern mit der Absicht, andere von der Richtigkeit dieser Kritik zu überzeugen. Es bedeutet, hier und heute die Suche nach einer wirklich basisdemokratischen und pluralistischen linken Bewegung zu beginnen. Diese Suche ernst zu nehmen, heißt auch, sich einzugestehen, dass die potentiellen Subjekte einer solchen Bewegung in ihrer Vielfalt zu keinem Zeitpunkt wirklich sicher und eindeutig identifizierbar sind.

Am Anfangen hindern sollte uns das jedoch nicht, und Richtungsforderungen wie z.B. Globale Soziale Rechte, Bewegungsfreiheit, Kommunikationsfreiheit, Öffentliche Güter für alle, beschreiben die systemverändernden Perspektiven unserer konkreten Praxis. Wir brauchen politische Ansätze im Hier und Jetzt, die Sichtachsen in eine andere Gesellschaft ermöglichen.

Kämpfe, Klasse und Subjekt

Soziale Kämpfe sind heute so unterschiedlich wie die zunehmend fragmentierten Lebens- und Arbeitsverhältnisse selbst. Auch wenn das ehemals gepriesene revolutionäre Subjekt des fordistischen Industriearbeiters heute sicher so nicht mehr existiert (und vielleicht nie existiert hat), gibt es weiterhin Klassenwidersprüche, die es zu überwinden gilt. Dazu gehören eben auch die Kämpfe von Jobber_innen, Hartz-IV-Empfänger_innen, prekären Künstler_innen oder Praktikant_innen, ebenso wie die Konflikte an den Unis, in den Betrieben und in illegalisierten Beschäftigungsverhältnissen. Und dazu gehören auch Kämpfe entlang von und gegen allzu eindimensionale und normative Identitäten wie Geschlecht, Ethnizität und Hautfarbe. Und immer gilt - auch wegen und trotz präziser politischer und ökonomischer Analysen: Das politische Subjekt ist immer das kämpfende und nicht das gedachte. Alle von uns sind in den Strukturen, die wir überwinden wollen, sozialisiert – in kapitalistisch, rassistisch und sexistisch geprägten Lebenswelten, in Konkurrenzverhalten, Chauvinismus und Besitzdenken.

Diese jeweils sehr eigenen Standpunkte diskutierbar zu machen und die eigene Verstrickung mitzudenken, ist nicht nur Ziel, sondern Voraussetzung für wirkliche gesellschaftliche Veränderung. Wir alle sind Teil der Gesellschaft und müssen unsere eigene Befangenheit reflektieren.Wir alle gemeinsam sind es, die Geschichte machen. Nichts, was ist, muss so bleiben, und mit allen, die das so sehen, versuchen wir solidarisch zu diskutieren und handelnd neue Perspektiven zu entwickeln. Wer Veränderung will, muss sie selber machen.

Keinen Fußbreit, oder: Deutsche Zustände bekämpfen

Der Kampf gegen Neonazis und Geschichtsverfälschung, gegen Rechtspopulismus und Rassismus aus der Mitte der Gesellschaft - kurz: Antifaschismus - gehörte bei FelS, gemeinsam mit Sozialen, internationalen Kämpfen, zu den ersten eigenständigen Themenfeldern. Nach dem Zusammenbruch der DDR gab es einen neuen Schub neonazistischer Organisierung, die zuallererst den Selbstschutz linker Strukturen nötig machte. Gleichzeitig drohten Neonazis auch gesamtgesellschaftlich hegemoniefähig zu werden, wie die rassistischen Pogrome etwa in Hoyerswerda 1991 und Rostock 1992, an denen sich breite Teile der lokalen Bevölkerung beteiligten, sowie die Abschaffung des Asylrechts 1993 deutlich machten. Wenn sich auch seitdem einiges verändert hat, bleibt doch der Kampf gegen die deutschen Zustände in Form von neonazistischen Parteien und Strukturen, von reaktionären Projekten und dem nach wie vor grassierenden Alltagsrassismus der Vielen aktuell.

In unserer antifaschistischen Praxis versuchen wir, unseren Protest mit einer möglichst breiten Beteiligung von Menschen zu organisieren und dabei auch mit zivilgesellschaftlichen Akteuren zusammenarbeiten. Denn nur dann, wenn wir viele sind, können wir Propaganda und Agitation der Rechten vom Rand und aus der Mitte der Gesellschaft wirksam bekämpfen. Da nicht alle von uns Neonazis militant entgegen treten wollen oder können, stützen wir uns auf eine Vielfalt von Aktionsformen. Unser Ziel, die Aktivitäten der Neonazis und Rassisten nicht nur zu delegitimieren, sondern aktiv zu verhindern, können wir nur erreichen, indem wir untereinander solidarisch sind.

Gesamtgesellschaftliche und globale Perspektive

Wir sind der Überzeugung, dass neue politische Perspektiven sich am besten verwirklichen lassen, wenn sie gesamtgesellschaftlich rückgekoppelt sind. Das bedeutet, nicht zu einer Fachgruppe zu werden, die sich nur auf ein politisches Teilgebiet spezialisiert, sondern alle gesellschaftlichen Teilgebiete und sozialen und politischen Grabenkämpfe im Blick zu behalten. Es heißt darüber hinaus, sich nicht auf die Aktionsformen und das Publikum der linksradikalen Bewegung zu beschränken, sondern immer auch zu probieren, Menschen jenseits davon mit einzubeziehen. Und es heißt, die eigenen Themenbereiche auf ihre gesamtgesellschaftliche Bedeutung zu untersuchen um die eigene Praxis von dieser Untersuchung abhängig zu machen. Es ist nicht schlimm festzustellen, dass man einen Fehler gemacht hat oder keinen Erfolg hatte. Schlimm ist es nur, dabei zu bleiben.

Gesamtgesellschaftliche Perspektive heißt schließlich auch, dass die eigene Theorie und Praxis mehr zum Ziel haben muss als die Reproduktion der eigenen Gruppe oder Szene. Die Entwicklung von Gegenmacht innerhalb der herrschenden Verhältnisse kann nur stattfinden, wenn es uns gelingt, die Grenzen des linken Mikrokosmos zu sprengen, um eine gesellschaftlich relevante Kraft zu werden.

Außerdem wissen wir, dass Strukturen der (nicht nur) kapitalistischen Herrschaft nationale Grenzen überschreiten. Obwohl sich die Strukturen von Herrschaft und Kontrolle weiterhin auch in Nationalstaaten kristallisieren, ist ihre Überwindung nicht anders als global möglich. Wer grenzüberschreitenden Herrschaftsstrukturen den Kampf ansagt, muss sich grenzüberschreitend vernetzen. Die Bezugnahme auf und Zusammenarbeit mit emanzipatorischen Bewegungen außerhalb Deutschlands hat aus diesem Grund bei FelS von Beginn an eine große Rolle gespielt. Schon Anfang der 1990er Jahre hatte FelS gute Kontakte zu linken Personen und Gruppen außerhalb Deutschlands, darunter vor allem Kolumbien, das Baskenland und Kurdistan. Eine neue Konjunktur erfuhr das Themenfeld mit dem Zapatismus in Chiapas, wenig später dann mit den großen Mobilisierungen zu G8- und Weltwirtschaftsgipfeln. Das waren die Orte, an denen transnationale Herrschaft konkret angreifbar wurde und auf den vielfältigen Widerstandscamps gleichzeitig neue internationale Kontakte geknüpft oder bestehende verstärkt werden konnten. Doch der diffuse Konsens „Eine andere Welt ist möglich“ der globalisierungskritischen Bewegung war trügerisch: Nicht nur fehlte eine Verständigung über gemeinsame Strategien, auch empfanden wir das ständige Reisen von Event zu Event als unbefriedigend - die konkrete politische Arbeit vor Ort fand oft abseits davon statt. Ein Thema, das mit unserer lokalen Praxis in Verbindung stand, gleichzeitig aber die globale Perspektive barg, war der Mayday - und auch das Angreifbar machen von Migrationsregimen und Rassismus vor der eigenen Haustür. Dabei versuchen wir weder paternalistisch Politik für andere zu machen, noch die Hoffnung auf die ausbleibende Revolution auf Marginalisierte hier oder in den Ländern des Südens zu projizieren. Gleichzeitig bemühen wir uns darum, die eigene Eingebundenheit in Machtverhältnisse und Privilegien zu thematisieren und zu reflektieren. Kritisch müssen wir allerdings feststellen, dass die Vernetzung mit emanzipatorischen Bewegungen in anderen Ländern weiter ausgebaut werden muss und diese Verbindungen in der Vergangenheit oft an Einzelnen bei FelS hingen. Die Aufgabe ist nicht einfach: Wir müssen und wollen weg von einer bloß internationalistischen Rhetorik und rein symbolischer transnationaler Vernetzung, hin zu einer grenzüberschreitenden und grenzunterlaufenden Alltagspraxis.

Offenheit

FelS ist eine Organisation, die gerne neue Mitglieder aufnimmt. Wir wollen eine wachsende Gruppe sein, die den Weg für größere organisatorische Strukturen bereitet. Großen Wert legen wir auf Transparenz und ‚pragmatische‘ basisdemokratische Strukturen. Pragmatisch heißt in diesem Zusammenhang, dass wir trotz grundsätzlicher Bereitschaft, Entscheidungen zu hinterfragen, dennoch handlungsfähig bleiben wollen. So gibt es bei uns weder Versammlungen bis zum Morgengrauen mit anschließendem Vertragsabschluss noch Kampfabstimmungen oder geheime Wahlen. Wir versuchen stattdessen unsere Treffen so zu gestalten, dass auch GenossInnen mit beruflichen und familiären Verpflichtungen teilnehmen können - für letztgenannte organisieren wir deshalb eine Kinderbetreuung während der Treffen. Im Umkehrschluss bedeutet das nicht, dass die Gruppe nicht auch Platz (und Bedarf) für all jene hat, die bereit sind, mehr Zeit und Energie in die politische Arbeit zu investieren. Kontinuität sicherzustellen ist uns aber wichtiger, als den Effekt zu haben, dass sich Mitglieder während der Schul- oder Studienzeit vollkommen „aufrauchen“ und dann irgendwann schlicht ausgebrannt sind und der Gruppe oder linker Politik als Ganzer den Rücken kehren.

Die Stabilität einer Organisation, die nicht durch einen Apparat strukturiert ist, hängt wesentlich davon ab, dass sie Unterschiede aushält und immer wieder kommuniziert. Soziales Lernen spielt dabei eine große Rolle. Plena und Veranstaltungen schulen die Teilnehmer_innen und vermitteln inhaltliche und methodische Kompetenzen Eine konstruktive Mitarbeit in der Gruppe erfordert auch von jedem und jeder Einzelnen Gruppenverhalten, Kompromissbereitschaft und die Bereitschaft, an sich zu arbeiten.

Patriarchale Strukturen zu benennen und zu bekämpfen, Geschlechtszuschreibungen und -stereotype zu überwinden prägt unsere Praxis nach innen und außen. Wir reflektieren die gruppeninterne Kommunikation aus dieser Perspektive, versuchen aktiv Hierarchien und dominantes Verhalten zu problematisieren und abzubauen. Wir wollen nicht, dass FelS nach außen vor allem von Männern vertreten wird und haben das Ziel, dass die Gruppe mindestens zur Hälfte aus Frauen besteht. (Queer)Feminismus und Geschlecht waren und sind immer wieder Gegenstand der Arbeit von AGs bei FelS. Eine kontinuierliche und belastbare Verankerung des Themenfeldes in unserer Praxis ist unser Anspruch.

Offenheit und experimentelle Praxis

Wie unsere Programmatik und Struktur, ist auch unsere Praxis nicht beliebig, aber offen und veränderbar. Den Avantgardismus autonomer Kleingruppen-Aktionen, aber auch das Konsumieren langweiliger Latschdemos halten wir für wenig zielführend. Die identitäre Selbstbezogenheit vieler linker Ansätze versuchen wir zu vermeiden. Uns geht es darum, Praxisformen zu entwickeln, die Leute beteiligen, ihnen Handlungsmöglichkeiten aufzeigen und sie zu kollektiven Regelüberschreitungen motivieren – ihnen Wege zur kollektiven oder individuellen Selbstermächtigung aufzeigen. Oft bedeutet dies, erst einmal zu schauen, welche potenziell widerständigen Praxen bereits im Alltag geschehen – U-Bahn-Fahren ohne Fahrschein, unerlaubter Ortswechsel bei „Residenzpflicht“ oder krankfeiern. Wichtig finden wir dabei, dass die Aktionen transparent vorgestellt werden und Teilnehmenden im Vorfeld wissen, auf was sie sich einlassen bzw. was ihnen im Nachhinein evtl. passieren kann. Ein Instrument, um Menschen auf große Aktionen wie Castor und Naziaufmärsche vorzubereiten, sind für uns Aktionstrainings, dort übern wir kollektives Handeln und den Umgang miteinander.

Genauso wichtig ist es uns, aus der Geschichte der außerparlamentarischen Bewegungen zu lernen und an bereits entwickelte Ideen anzuknüpfen. „Experimentelle Praxis“ ist auch als eine Einladung zum Mitmachen gemeint, die eigenen Konflikte, Widersprüche, Forderungen und Wünsche gemeinsam politisch zum Ausdruck zu bringen. Ein solcher Zugang ist selbstverständlich nicht frei von Rückschlägen und Misserfolgen. Deswegen ist es uns wichtig, unsere Aktionen und Kampagnen zu evaluieren. Nur wenn wur unsere Praxen und Aktionsformen kontinuierlich überprüfen und anpassen, können wir besser werden.

Intervention

Grundsätzlich vertreten wir von FelS eine politische Praxis der unbedingten Legitimität, aber nicht der unbedingten Legalität. Das heißt, eine gezielte und taktisch motivierte subversive Grenzüberschreitung, die im ungünstigsten Fall auch Strafverfolgung nach sich ziehen kann, ist Teil der politischen Praxis. Dabei versuchen wir jedoch politische Aktionen so zu gestalten, dass sie gegenüber den Teilnehmenden wie der Öffentlichkeit verantwortbar sind. Die sprichwörtlichen Steine aus der 13. Reihe auf Mitdemonstrant_innen wie Polizist_innen gleichermaßen tolerieren wir nicht. Wir setzen auf politische Vermittelbarkeit und Öffentlichkeit, das offensive Vertreten von Standpunkten und die Identifizierbarkeit von individuellen Positionen. Wir wollen mit unseren Argumenten sichtbar sein und sie deutlich erkennbar vertreten. Sich dabei nicht zu verstecken, macht uns in gewisser Hinsicht angreifbar, aber wir sind überzeugt, dass Offenheit unter dem Strich ein besserer Schutz für linke Politik ist als eine defensive Abschottung.

Bündnisse für eine linke Strömung

Eine gesellschaftliche Transformation kann nur gelingen, wenn linke Ideen und Praxen öffentlich beachtet werden und anschlussfähig für viele sind. Die langfristige und verbindliche Zusammenarbeit mit anderen linken Gruppen in Berlin, aber auch bundesweit war daher immer ein wichtiger Aspekt der FelS-Geschichte. Auch außerhalb der undogmatischen radikalen Linken versuchen wir Organisierung voranzubringen. Oft arbeiten wir anlassbezogen - etwa bei Neonazi-Aktivitäten, G8-und Klimagipfeln oder im antirassistischen und sozialen Bereich - auch mit klassischen „bürgerlichen“ Akteuren, beispielsweise NGOs und Einzelpersonen aus Parteien, zusammen. Unser Anspruch ist es, gesamtgesellschaftlich relevante Themen aufzugreifen und zu bearbeiten. Die Mitarbeit in Bündnissen ist somit ein zentraler strategischer Teil unserer politischen Arbeit. Wir wollen linksradikale Positionen in andere gesellschaftliche Bereiche tragen, verbreitern, emanzipatorische Bewusstseinsprozesse in Ganz setzen und in aktuellen Kämpfen polarisieren. Nur in einer längerfristigen und auf gegenseitigem Vertrauen aufbauende Bündnisarbeit lässt sich die gesellschaftliche Isolation der radikalen Linken überwinden. Die Auswahl der Bündnispartner ist dabei keineswegs beliebig und nur auf Mobilisierungsmasse abzielend. Wir überprüfen stetig, inwieweit potenzielle Bündnispartner in ihren Interessen, Zielen und Politikformen zu uns passen.

Wir haben den Anspruch, in unserer Praxis immer auch über den bundesdeutschen und europäischen Tellerrand zu blicken. Bei neuen Projekten reflektieren wir deshalb, inwieweit Verbindungslinien zu Kämpfen in anderen Teilen der Welt hergestellt werden können. Wo möglich, wollen wir unsere Praxis in ein Verhältnis setzen zu Erfahrungen und Debatten jenseits der nationalen Normalität. So suchen wir wieder aktiv nach Ansatzpunkten für eine transnationale Vernetzung.

Reflexion und Debatte

Um dem oft konstatierten Mangel an dauerhafter Theorie- und Strategiearbeit in der radikalen Linken zu begegnen und kollektive Lernprozesse am Laufen zu halten, versuchen wir sowohl an aktuellen Themen als auch an politischen Evergreens kontinuierlich zu arbeiten. Nicht jedes Rad muss neu erfunden werden, denn vielfach gibt es reichhaltige Erfahrungen mit gesellschaftlichen Fragen oder Situationen. Wir finden es daher wichtig - auch über Gruppengrenzen hinweg - Seminare, Lesekreise und Diskussionsrunden zu organisieren. Durch die gemeinsamen Debatten sollen innerhalb der Gruppe informelle Hierarchien abgebaut werden und Kenntnisse an neue Mitglieder weitergegeben werden. Es ist uns wichtig, keine Spezialisierung von (meist männlichen) „Vordenkern“ zuzulassen und eine personelle Trennung in Theoretiker_innen und Praktiker_innen zu vermeiden. Die kontinuierliche Evaluation der eigenen Praxis, die in Form von Artikeln und Debatten insbesondere in unserer Zeitschrift arranca! geführt wurde und wird, hat zur Folge, dass die Gruppe ein auch theoretisches Profil innerhalb der Linken gewonnen und Theoriebildungsprozesse beeinflusst hat.

Wie wir uns organisieren

Die oft erwähnte Offenheit von FelS bedeutet nicht Beliebigkeit. Unsere Programmatik ist zwar absichtlich offen gefasst und unsere Organisationsstruktur nicht in Beton gegossen. Denn FelS soll Platz bieten für kontroverse Diskussionen und Entwicklungen. Wir betrachten aber organisierte politische Arbeit auch nicht als reinen Zeitvertreib, sondern erwarten voneinander verbindliches und kollektives Verhalten. Das bedeutet konkret, regelmäßig an den wöchentlichen Gruppentreffen teilzunehmen, Verantwortung und Arbeiten zu übernehmen und die Gruppe auch nach außen zu vertreten. Zuverlässigkeit und die Bereitschaft, eigene Interessen auch einmal zurück zu stellen, sind uns wichtig – so sollten Delegierte Gruppenpositionen anstatt der persönlichen Meinung vertreten.

FelS ist basisdemokratisch organisiert. Es gibt keinen Apparat, keine Funktionär_innen und keine parteiähnlichen hierarchischen Strukturen. Die Vollversammlungen (VV), die wir alle zwei Monate durchführen, dienen der Kommunikation zwischen allen Mitgliedern und sind das zentrale Entscheidungsgremium unserer Gruppe. Die VV ist der Ort, um inhaltliche Debatten zu führen, die die gesamte Gruppe betreffen, um gemeinsame Positionen zu bestimmen und die Praxis der Arbeitsgruppen (AG) zu reflektieren, auszuwerten und strategisch zu diskutieren. Die Arbeitsgruppen sind gegenüber der VV rechenschaftspflichtig, größere Projekte der AGs wie auch Themenschwerpunkte der arranca! werden auf der VV regelmäßig besprochen. Die Vollversammlung trifft somit strategische Entscheidungen zur Ausrichtung der gesamten Gruppe und den von uns zu bearbeiteten Themenfeldern.

Die Arbeitsgruppen sind das praktisch arbeitende Rückgrat von FelS und organisieren sich nach Themenschwerpunkten. Sie arbeiten relativ selbständig, entwickeln in ihren Teilbereichen eine eigene Praxis und Theorie, müssen sie aber vor der Gesamtgruppe inhaltlich vertreten, das heißt anhand der politischen Ziele der Gesamtgruppe begründen. Die AGs können nach außen durchaus eigenständig auftreten, politische Bündnisse schließen bzw. in solchen mitwirken. Dennoch ist FelS eine Organisation, die gesamtgesellschaftlich wirkende Ziele und strategische Ansätze vertritt und kein Dachverband von Teilbereichsgruppen.

Im Folgenden stellen sich die derzeitigen Arbeitsgruppen bei FelS mit ihren Politikfeldern und aktuellen Projekten vor.

arranca!

Die arranca! ist 1993 mit dem Anspruch angetreten, das Entstehen einer revolutionären Organisation mit zu ermöglichen und ein Forum für die linke Neubestimmung zu bieten. In der Anfangsphase ging es vor allem um eine Kritik des Elends der Autonomen: keine kontinuierliche Theoriearbeit, Einpunktbewegungen, Rückzug ins eigene Biotop.

Zentrale Punkte des damals formulierten Anspruchs halten wir nach wie vor für relevant. Zuerst und vor allem die Frage nach einer Organisationsform linker Akteur_Innen, die das Verhältnis der praktischen Mittel und der zu Grunde gelegten Analyse und Theorie und deren Wechselwirkungen berücksichtigt - so dass sich beide nicht zu voneinander isolierten Bereichen ausdifferenzieren. Es geht uns darum, eine Form theoriegeleiteter politischer Arbeit zu entwickeln. Unsere politischen Erfahrungen sollen ausgehend von unseren konkreten und alltäglichen Lebensbedingungen diskutiert werden. Nur in der alltäglichen Auseinandersetzung erweist sich unserer Meinung nach die Brauchbarkeit einer Analyse oder Handlungsoption. In Form und Inhalt will die arranca! möglichst vielen einen Zugang bieten, ohne dabei beliebig zu werden. Die arranca! ist eine von mehreren Arbeitsgruppen der Gruppe FelS und als solche maßgeblich auch ein Medium zum Ausdruck dieser Zusammenarbeit. Sie beschäftigt sich in erster Linie mit für die politische Arbeit der Gruppe relevanten Aspekten, will aber darüber hinaus auch bisher vernachlässigte Aspekte beleuchten: Die arranca! versteht sich als Ergebnis der Auseinandersetzungen, die in der Gruppe geführt werden, und als Reflektion und Ergänzung dieser politischen Praxis.

arranca! (span.): losmachen oder starten, anfangen, d.h. eigentlich im Imperativ: „leg los!“

AG Antifaschismus

Die FelS-Arbeitsgruppe Antifaschismus widmet sich seit über 15 Jahren dem Themenkomplex Neonazis und Rechtspopulismus.

Ausgangspunkt der gemeinsamen Arbeit ist ein Verständnis von antifaschistischer Politik, das drei grundlegende Zielrichtungen berücksichtigt:

  • Behindern, Beobachten und Öffentlichmachen von Neonazi-Aktivitäten und -strukturen
  • Aufklären, Ansprechen und Mobilisieren von zivilgesellschaftlichen Initiativen, Parteien und BürgerInnen
  • Aufbau, Stärkung und Weiterentwicklung linken antifaschistischen Engagements

In den Projekten, die wir in den letzten Jahren verfolgt haben, bemühten wir uns darum, diesem Anspruch gerecht zu werden. Wir organisierten unter anderem einen bundesweiten Ratschlag zur Bestandsaufnahme und Weiterentwicklung antifaschistischer Praxis, brachten uns in die Kampagne „NS-Verherrlichung stoppen!“ ein und hatten an der erfolgreichen Behinderung der Neonazi-Großevents in Wunsiedel und Halbe ebenso wie an der Verhinderung des Dresdener Aufmarschs Anteil. Der Erfolg der Massenblockaden in Dresden am 13. Februar 2010 und am 1. Mai in Berlin hat einem neuen Verständnis antifaschistischer Bündnispolitik den Weg geebnet, das wir nach Jahren der Diskussion unter antifaschistischen Gruppen und der Suche nach pratikablen Ansätzen als wichtigen Schritt begreifen.

2009 initiierten wir gemeinsam mit anderen antifaschistischen Gruppen aus Berlin eine stadtweite Kampagne unter dem Motto „Zusammen gegen die NPD!“, an die wir im Vorfeld der Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus 2011 anknüpfen werden.

Als Teil von FelS bringt sich die AG Antifaschismus auch in themenübergreifende Projekte der gesamten Gruppe ein.

AG Internationalismus

Seit über 13 Jahren arbeitet die InterSol zum Thema Internationalismus. In der Vergangenheit waren Schwerpunkte unserer Arbeit Unterstützung und Austausch mit Projekten und Kämpfen von unten in anderen Ländern, Beteiligung an Treffen und Aktionen der Bewegung gegen den Neoliberalismus sowie Anti-Militarismus. Seit ungefähr dem Jahr 2007 stehen Antirassismus und Migration im Mittelpunkt unserer Arbeit.

Für uns ist Antirassismus eine konkrete und kontinuierliche Form von internationaler Solidarität vor Ort. Deshalb führen wir antirassistische Kämpfe in erster Linie zusammen mit den Betroffenen. Darüber hinaus versuchen wir auch, die Perspektive migrantischer Kämpfe in andere emanzipatorische Projekte zu tragen. So haben wir uns für das Thema Migration im Rahmen der Proteste gegen den G 8-Gipfel in Heiligendamm stark gemacht. In unserer täglichen Praxis arbeiten wir mit einigen Antira-, MigrantInnen- und Flüchtlingsselbsthilfe-Organisationen in verschiedenen Bündnissen zusammen. Wir kämpfen gegen alle Formen von Alltags- und strukturellen Rassismus. Auf der lokalen Ebene sind unsere Schwerpunkte und Forderungen:

  • Alle Lager, einschließlich Abschiebegefängnisse, Flüchtlingsheime und Ausreisezentren, müssen geschlossen werden. Menschenwürdig ist nur die Unterbringung in einer eigenen Wohnung.
  • Menschen, die zu undokumentierter Arbeit gezwungen sind, brauchen unsere Unterstützung.
  • Alle Formen rassistischer Sonderbehandlung und rassistisch motivierter Polizeigewalt müssen bekämpft werden.

Auf internationaler Ebene kooperieren wir mit verschiedenen Gruppen und Initiativen, um die europäische Abschottungspolitik zu sabotieren, die zu immer mehr Toten auf dem Weg in die Länder des globalen Nordens führt, und setzen ihr die Forderung der globalen Bewegungsfreiheit für alle entgegen.

Als Teil von FelS beteiligen wir uns am Mayday einschließlich der Parade am 1. Mai und wollen dabei MigrantInnen und Flüchtlinge, die in besonderer Weise von Prekarität betroffen sind, einbinden und organisieren.

AG Klima

Die FelS-Arbeitsgruppe Klima gibt es seit September 2008. Wir beschäftigen uns mit gesellschaftlichen Naturverhältnissen, Klimakrise und grünem Kapitalismus und der Frage wie Klimagerechtigkeit global und lokal zu erreichen wäre.

Der Themenbereich Klima/gesellschaftliche Naturverhältnisse ist neu bei FelS und wird in der linken Diskussion in Deutschland gerade erst vom staubigen Geruch des NGO- und Grünen-Themas befreit. Die Entstehung unsere AG ist eng verbunden mit den Debatten und Aktionen rund um die UN-Klimakonferenz in Kopenhagen. Dort sollte das Folgeabkommen des desaströsen Kyotoprotokolls verabschiedet werden, das über die globale Klimapolitik der nächsten Jahrzehnte entscheidet. Das Abkommen greift vor allem auf neoliberale Mechanismen wie den Handel mit CO2-Emissionen zurück und will klimapolitisches Handeln vor allem in den globalen Süden verlagern, damit im Norden die kapitalistische Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung nicht angetastet werden muss. Als Teil des Climate Justice Action Networks (CJA) haben wir uns zentral an der Vorbereitung und Durchführung der Reclaim Power Aktion beteiligt.

Unser Verständnis von radikal linker Klimapolitik beinhaltet, dass wir Interventionsmöglichkeiten aufzeigen wollen und uns an Bündnissen und Aktionen beteiligen. Außerdem wollen wir zur Entwicklung von Utopien und Visionen einer ökologischen und solidarischen Gesellschaft beitragen und auch den Blick auf die blinden Flecken der Linken richten in Bezug auf die Klimakrise legen – z.B. anhand des Themas Wachstumskritik.

Aktuell setzt sich die Klima AG im Rahmen der breiten Kampagne „Berlin-fährt-frei“ für einen ÖPNV zum Nulltarif ein. Damit verknüpfen wir das Engagement für soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz und Lebensqualität in der Stadt: Mobilität ist ein soziales Recht, das allen einkommensunabhängig zustehen muss. Die Kampagne „Berlin-fährt-frei“ ist für uns Teil der Entwicklung einer lokalen Praxis für Klimagerechtigkeit. Darüber hinaus verhandeln wir das Thema Mobilität auch aus einer automobilkritischen Perspektive.

Ein weiterer Themenschwerpuntk ist für uns zur Zeit die Kampagne „Castor? Schottern!“ Unsere Ablehnung einer hochriskante Technologie, die notwendigerweise durch Konzerne betrieben werden muss und damit im Widerspruch zu dezentraler und demokratisch verwalteter Energieproduktion steht, ist ein Grund für unsere Beteiligung an dieser Kampagne. Darüber hinaus sehen wir in der Kampagne einen wichtigen Kristallisationspunkt, an dem die Klima- und Anti-Atom-Bewegung gemeinsam versuchen die kapitalistische Logik der Energieproduktion und –versorgung zu brechen. Atomausstieg ist Handarbeit! Klimagerechtigkeit jetzt!

AG Queerfeminismus - keine Nebensache!

An bestimmten Tagen den abendlichen Spaziergang alleine um den Block lieber ausfallen lassen, weil die Sprüche so nerven. Sich gegenseitig bekräftigen, nicht in der Tristesse der elterlichen Ehen enden zu wollen, aber Zweifel hegen, ob die Idee, in WGs alt zu werden, wirklich trägt. Sich auf keinen Fall von den Mackern einschränken lassen wollen und doch immer seltener dabei sein bei Politik und Party. Sich fragen, ob die Deutsche Bank wohl vor allem deshalb Lesben und Schwule für Führungspositionen sucht, weil sie als 'flexibel' und 'ungebunden' gelten. Auf keinen Fall zwölf Stunden täglich mit dem eigenen Vater verbringen wollen, aber eine Frau aus der Ukraine genau dafür engagieren, weil Altenheime einfach die Hölle sind. Als Akademikerin aus der Ukraine in Deutschland einen Pflegejob machen.

Wie wollen wir eigentlich leben und an welchen Realitäten scheitern wir?

Still loving Feminism. Feminismus ist noch immer eine der Realität geschuldete Notwendigkeit. Wir wollen anknüpfen an die linksradikalen, feministischen Bewegungen und ihren unverzichtbaren Kampf für die Gleichstellung von Mann und Frau. Aber warum eigentlich nur Frau und Mann? Wer ist ausgeschlossen? Wer legt die Regeln fest?

XXY ungelöst. Queer hat den Anspruch, fernab der Kategorien Mann und Frau Spielräume für Identitäten zu eröffnen. Das Täuschungsmanöver des Zwei-Geschlechter-Rollen-Spiels zu verstehen, klar zu kriegen: Warum genau so und nicht anders? Ist es überhaupt ein Spiel und nicht vielmehr bitterer Zwang? Für uns bedeutet Queer mehr als einen Lifestyle. Wir wollen nicht nur in unseren Lebens- und Liebensweisen akzeptiert werden, wenn wir erfolgreich verwertbar sind, sondern die Verwertungslogik des Kapitalismus an sich angreifen.

…there is so much left to do! Wir sind eine offene, gemischte Arbeitsgruppe und bei FelS (Für eine linke Strömung) organisiert. Wir haben uns vor kurzem neu gegründet und suchen Mitstreiter_innen, die Lust haben, Antikapitalismus und Queerfeminismus zu verbinden, zusammen zu diskutieren und eine radikale Praxis zu entwickeln.

AG Soziale Kämpfe

„Mehr oder weniger spektakuläre Aktionen – auch wenn sie gut gemacht sind und sich an alltäglichen Problemen aufhängen – verpuffen, weil sie allein keine Perspektive für die Zeit nach der Aktion (bzw. zwischen den Aktionen) aufzeigen können. Wenn wir Leute erreichen wollen, die nicht eh schon in der linken Szene aktiv sind, dann müssen wir auch erreichbar sein und Möglichkeiten zum Mitmachen bieten.“ (AG Soziale Kämpfe Januar 2005)

Die Soziale Frage ins Zentrum linker Politik stellen, aus den gewonnen Erfahrungen lernen, neue Perspektiven finden und ausprobieren. Und ich als AktivistIn bin mittendrin, denn es geht auch um mich. Politik soll erfahrbar sein und an den alltäglichen Problemen, Rissen und Widersprüchen des Kapitalismus ansetzen. Genau hier und jetzt! Und natürlich darüber hinaus: In ein schönes, besseres Leben ohne den Zwang zur Lohnarbeit und sich für den Kapitalismus zu knechten. Über das WIE, darüber sind wir uns einig, gibt es keine Einigkeit. Dennoch: Voran schreiten ist die Devise, zwar mit Fragen und der Offenheit für Neues und Experimentelles, aber Voran! Und das Gemeinsam und organisiert!

Eckpfeiler der bisherigen AG Politik:

Prekarisierung stellt die Analyse eines Prozesses der sich in einer postfordistischen verändernden Produktionweise dar, die einher geht mit veränderten Lebensverhältnissen. Perkarität ist mittlerweile in der Mitte der Gesellschaft angekommen und schafft einen Raum der Verunsicherung und Angst. Einige Auswirkungen sind Hartz-IV, Felxible Arbeitszeiten, Stellenabbau, Deregulierung, 1-Euro-Jobs, Lebenslange Praktika, unbezahlte Überstunden, u.v.m.

Aneignung. Wir alle werden tagtäglich enteignet. Das trifft auf uns als Individuen zu, wenn unser Arbeitsvermögen und unsere Kreativität im Lohnarbeitsprozess absorbiert, und es trifft auf uns als Gemeinschaft zu, wenn z.B. die kommunale Wasserversorgung oder Wohnungsbaugesellschaften privatisiert werden. Wir greifen diese permanenten Enteignungsprozesse im Hier und Jetzt an und gehen dabei von den existierenden Bedürfnissen der Menschen auf ein schönes Leben aus. In einer kollektiven Weise sich die Dinge des alltäglichen Lebens wieder anzueignen, eröffnet dabei gleichzeitig die Perspektive, über Grundlegendes zu reden: über Privateigentum, Kapitalismus und wie ein schönes Leben aussehen könnte.

Existenzgeld als eine Richtungsforderung, die über das bestehende Hinaus in eine andere Gesellschaft reichen soll.

Mayday als eine Form der Vernetzung und Organisierung um Deutungsangebote zumachen, die in eine andere Gesellschaft reichen. Zum anderen um Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen, die in den alltäglichen Widerständigkeiten zeigen oder gemeinsam entwickelt werden können. Und um eine Vernetzung darzustellen, die über das Event 1.Mai / Mayday-Parade hinaus weist, Subjektivitäten und Arbeitskämpfe verbindet. Und natürlich die zum Mitmachen animiert.

1) „In der Zeitschrift Interim wurde in den Jahren 1990/91 im Anschluss an einen unter dem Pseudonym Heinz Schenk verfassten Text eine Debatte um Kritik an den Autonomen geführt. Die Debatte führte zu einer umfassenden Kritik autonomer Politikformen und formulierte pointiert „Die Automen machen keine Fehler, sie sind der Fehler“, was auch der Titel des Textes ist. Einige der damals Beteiligten gründeten in der Folge die Gruppe FelS.
3) Arranca! Nr. 8, Frühling 1996, S. 68-73: »Wir machen in der AA/BO nicht mehr mit«
Zusammen gegen die NPD
Bezahlt wird nicht! FelS
Brückenstau
Schluss mit dem Prekären Quatsch
Bezahlt wird nicht!
Landlose
arranca!s
20 Jahre FelS: arranca! Nr. 44
arranca!
Berlin umsonst!
Yo Mango presents:
Her mit dem schönen Leben!