Castor Schottern 2010! Energiekonzerne vergesellschaften!

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Eine Positionsbestimmung der Interventionistischen Linken im November 2010.

Jedes Mal wenn der Castor kommt, demonstrieren und blockieren tausende Menschen im Wendland. Auf Straße und Schienen drücken sie ihren Widerstand gegen den Atomstaat aus, der gegen den Willen großer Teile der Bevölkerung handelt und den Atommüll-Transport nach Gorleben mit einem Polizei-Großaufgebot durchsetzt. Die Aktionen sind stets vielfältig und gemeinsam ist ihnen die gegenseitige Solidarität. Das Neue dieses Jahr ist: Die Forderungen werden radikaler und die Aktionen breiter und mutiger - Castor Schottern 2010.

 Die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke ist ein Lehrstück für den Zustand dieser Gesellschaft. Auf der einen Seite findet sich eine große Bevölkerungsmehrheit gegen Atomkraft. Auf der anderen Seite stehen die vier großen Energiemonopolisten EON, RWE, EnBW und Vattenfall, denen die Verlängerung der Laufzeiten Milliarden an Extraprofiten sichert.

Die Konzentration auf Großtechnologien sichert die Dominanz der Stromgiganten über die Energieversorgung. Sie diktieren den Strompreis und ziehen den VerbraucherInnen das Geld aus der Tasche. Wenn sich jemand das nicht mehr leisten kann, wird der Strom abgeklemmt – und schon ist Schluss mit der Teilhabe an der Wohlstandsgesellschaft. Die Folgekosten hingegen – seien es der vor sich hin strahlende Atommüll oder die Auswirkungen des Klimawandels – werden auf die gesamte Gesellschaft abgewälzt.

Ob Energie oder Soziales: Umverteilung von unten nach oben
Im Sozialbereich sieht es ähnlich aus: Trotz der alten Leier von den leeren Kassen wurden Banken und Konzerne während der Wirtschaftskrise in Windeseile mit 500-Milliarden-Subventionen gerettet. Für diese Ausgaben der über Nacht bereit gestellten „Schutzschirme“ sollen aber nicht die Profiteure der staatlichen Krisenpolitik zahlen, die mittlerweile wieder hohe Gewinne verzeichnen. Das von der Bundesregierung geplante Sparpaket, das am 26. November im Bundestag zur Abstimmung steht, trifft vor allem ArbeitnehmerInnen, Erwerbslose und RentnerInnen. So wird gesellschaftlicher Reichtum von unten nach oben umverteilt anstatt die gesellschaftlichen Ursachen der Krise anzugehen.

Den Grundstein für den aktuellen Abbau der sozialstaatlichen Leistungen hat Rot-Grün vor 10 Jahren mit der Agenda 2010 und den Hartz-Reformen gelegt. Eine Vorlage, die die schwarz-gelbe Regierung gerne aufgenommen hat: Mit unverblümter Klientelpolitik werden Umverteilungen zugunsten des Kapitals vorangetrieben. Deswegen wird sich verschlimmern, was schon heute fatal ist: Die ärmsten zwei Drittel der Bevölkerung in der Bundesrepublik verfügen gemeinsam gerade mal über 10 Prozent des gesellschaftlichen Vermögens, während die reichsten 10 Prozent der BürgerInnen sich zwei Drittel des Reichtums teilen.

Politik fürs Kapital

Im Sozialbereich gilt ebenso wie bei Energiefragen: Ungeschminkt bedient die Bundesregierung mit ihrer Politik die Interessen der großen Konzerne. Die Profite der Atomwirtschaft stellt sie über die Gesundheit der Bevölkerung und den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen. Doch dieses Jahr werden wir ihre Pläne durchkreuzen. Obwohl die Verhältnisse in Deutschland an die massiven Streikwellen in anderen europäischen Ländern nicht heranreichen, ist dieses Jahr vieles anders als sonst. Hunderttausende sagen „Nein!“ zu den unverschämten Regierungsentscheidungen, die über ihre Köpfe hinweg gefällt werden: Die Demonstration in Berlin gegen die Atomkraft, die massiven Proteste in Stuttgart gegen das milliardenteuere Prestige-Projekt S21 und die Polizeigewalt haben gezeigt: So geht es nicht weiter! Viele Zehntausende sind nicht mehr bereit, falsche Entscheidungen zu akzeptieren. Es ist in Mode gekommen sich zu widersetzen. Und es zeigt sich auch: Es reicht nicht aus das „Nein!“ auf die Straße zu tragen, sondern es ist an der Zeit ist eine deutlichere Sprache zu sprechen.

Politik für das gute Leben!

Wir sagen es klipp und klar: Es gibt kein Recht auf Profit, erst recht nicht, wenn er mittels rein destruktiver Technologien geschöpft wird. Es gibt aber ein Recht auf ein gutes Leben für alle und um das zu erreichen müssen wir ständig auf verschiedenen Ebenen und in unterschiedlichen Konstellationen streiten. Es ist ein Kampf gegen eine Ordnung, die eher die Eigentumsrechte als die ökologische und soziale Gerechtigkeit schützt. Wir müssen alle gemeinsam entscheiden können, wie Energie produziert und wie sie gerecht verteilt wird. Schließlich müssen wir alle mit den Folgen leben. In einer Gesellschaft, in der die Betroffenen direkt über ein Kraftwerk entscheiden könnten, wäre Atomkraft nicht mehr möglich – wer will sich schon selbst verstrahlen?

Wir sind nicht bereit mit anzusehen, wie das Kapital in Geheimverhandlungen mit der Regierung die Eckpfeiler der zukünftigen Energieversorgung festlegt. Wir wollen, dass sofort aus der Atom- und Kohleverstromung ausgestiegen wird und stattdessen die dezentralen und flexiblen Alternativ-Energien ausgebaut werden. Kurzum: Wir wollen die Vergesellschaftung der Energiewirtschaft. Die Energiekonzerne werden an ihrer eigenen Entmachtung kaum mitwirken. Den Atommüll zum Absender zurückzuschicken, ist deshalb ein praktischer und wirksamer Schritt hin zu einer überfälligen Korrektur. Der Castor-Transport ist der Punkt, an dem sich die Konflikte um die Zukunft der Energieversorgung kristallisieren. Dieses Jahr sind die Forderungen radikaler und die Aktionsformen mutiger als zuvor. Zu recht fürchten sich Regierung und Polizei vor dem unkontrollierbaren Widerstand, den tausende im Wendland leisten werden. Der Stein ihres Anstoßes heißt: Castor Schottern 2010.

Castor Schottern 2010

Mit tausenden Menschen werden wir den gezielten Regelübertritt begehen und als Mittel des zivilen Ungehorsam den Schotter aus dem Gleisbett entfernen. Das ist nicht vom bürgerlichen Gesetzbuch gedeckt, aber auf jeden Fall ist es legitim. Wenn die AKW-Laufzeiten verlängert werden und die notwendige Demokratisierung nicht stattfindet, wenn Gorleben als Endlagerstandort einfach weiterausgebaut wird und wenn der Wille der Bevölkerung bei all dem ignoriert wird, dann haben wir keine andere Wahl. Wenn drastische Entscheidungen gefällt werden, dann muss unsere Antwort ebenso kompromisslos sein. Mit unserem gemeinsamen Schottern sorgen wir dafür, dass der Castor nicht rollen kann.

Wir schöpfen aus den Erfahrungen, die wir in den letzten Jahren mit massenhaften, kollektiven und verbindlich verabredeten Regelübertritten gemacht haben: Mit Massenblockaden konnten wir Anfang des Jahres in Dresden den Nazi-Großaufmarsch verhindern, mit Tausenden behinderten wir effektiv den G8-Gipfel in Heiligendamm 2007 und auch im Wendland haben wir in der Vergangenheit massenhaft mit unterschiedlichen Aktionen den Atommülltransport blockiert.

Unsere Stärke ist die Vielfalt und die Entschlossenheit. Im breiten Bündnis und mit vielen Menschen aus verschiedenen politischen Hintergründen werden wir gemeinsam unser Ziel erreichen. Denn wir wissen: Wenn wir koordiniert und entschlossen vorgehen, dann werden wir es schaffen!

In diesem Sinne: Castor Schottern 2010! Atomausstieg ist Handarbeit! Energiekonzerne enteignen!

Interventionistische Linken | November 2010 | dazwischengehen.org

 

Die Interventionistische Linke ist ein bundesweiter Zusammenschluss von zahlreichen Gruppen, Organisationen und Einzelpersonen aus der undogmatischen und emanzipatorischen Linken. Wir sind u.a. in sozialen, antirassistischen, feministischen und Klimakämpfen aktiv und engagieren uns in den Bereichen Antifaschismus und Antikriegspolitik. Wir wollen eine Linke sein, die sich einmischt. Deshalb versuchen wir in all diese Auseinandersetzungen durch offene und breite Bündnispolitik unsere Positionen zu vermitteln und diese praktisch werden zu lassen. www.dazwischengehen.org


Zum Vormerken: Bundestagsbelagerung 26.11. in Berlin | www.sparpaket-stoppen.de

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