NS-Verherrlichung, der Volkstrauertag und die deutschen Soldaten im Jahr 2007
Am Volkstrauertag, dem 18.11.07, wird auch dieses Jahr ein unsägliches Gemisch von Nazis, Burschenschaftler, Militärs und Veteranen auf dem ehemaligen Garnisonsfriedhof Columbiadamm in Berlin ein Heldengedenken durchführen. Geehrt werden dabei die in den von Deutschland geführten Kriegen gefallenen Soldaten. Von den Opfern der deutschen Kriege und der Shoa wird bei dieser Veranstaltung, genauso wie bei vielen anderen Veranstaltungen anläßliche des Volkstrauertags, keine Rede sein.
Halbe in Brandenburg
Schon 1990 und 1991 versammelte sich die militante Naziszene der Bundesrepublik am Volkstrauertag in Halbe. Seit 2003 führt der Nazi-Verein „Freundeskreis Halbe e.V.“ alljährlich im November am Vortag des Volkstrauertags dort ein „Heldengedenken“ durch. Ziel der Naziaufmärsche ist der Waldfriedhof von Halbe, der größte Soldatenfriedhof in der BRD.
2003 fand das “Heldengedenken” mit etwa 700 TeilnehmerInnen unter dem Motto “Ruhm und Ehre dem deutschen Frontsoldaten“ statt.
Das Ziel der Nazis ist es, diesen Friedhof als Symbol, als NS-Wallfahrtsort zu etablieren. Mit der Ehrung der toten Soldaten und der Leugnung der deutschen Verbrechen versuchen sie den Nationalsozialismus und den Krieg zu verklären. Diese offene Bezugnahme auf die Heldenmythen des „Dritten Reichs“ garantiert den Organisatoren hohe Teilnehmerzahlen.
Keine Fahnenappelle mehr am Waldfriedhof?
In den Jahren 2005 und 2006 wurde das faschistische Heldengedenken durch ein breites gesellschaftliches Bündnis gestoppt. Daraufhin kündigte Christian Worch an, am Vorabend des Volkstrauertags nicht mehr in Halbe auftreten zu wollen. Dieses soll nun am 5. Sonntag vor Ostern – dem ursprünglich vom VdK eingeführten Termin – durchgeführt werden. Weiterhin hat Worch verlautbart, am Volkstrauertag durchaus Aktionen durchführen zu wollen.
Die Deutsche Bundeswehr und die „Versöhnung über den Gräbern“?
Wenn es keine aufmerksame Öffentlichkeit wie in Halbe gibt, fällt es den militanten Nazis leicht, gesellschaftlichen und inhaltlichen Anschluss an die gesellschaftliche Mitte zu finden. Wie leicht das geht, kann man an der Rede des Generalinspekteurs der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, anlässlich der Einweihung eines Soldatenfriedhofes in Beberbeki/Lettland am 22. September 2007 feststellen. Der ranghöchste General der Bundeswehr beschreibt die dort begrabenen deutschen Soldaten als "in Kameradschaftlichkeit treu" und "ohne Ausführung offenbar böser Befehle in unschuldigem Glauben" gefallen. Dann findet er sehr schnell den Bogen zu den aktuellen Auslandseinsätzen der Bundeswehr: „Junge Menschen, die von uns erwarten, dass wir für sie die Zukunft gewinnen. Die wollen, dass wir uns über Gräber hinweg versöhnen und uns die Hände reichen. Auch sie wollen ihrem Land dienen und tun dies zum Teil wiederum als Soldatinnen und Soldaten. Ihr Dienst ist nicht einfach, und deshalb denke ich in diesen Minuten an unsere Truppen auf dem Balkan, in Afghanistan, am Horn von Afrika und vor der Küste des Libanon.“
Kein Wort findet der Oberste General zu den Opfern der deutschen Soldaten, zu dem Vernichtungskrieg, den die Wehrmacht geführt hat, zu dem unsäglichen Leid, welches mit den deutschen Soldaten über Europa kam. Unerwähnt ließ der Generalinspekteur, dass in Lettland während der deutschen Besatzung etwa 70.000 jüdische Menschen unter aktiver Mitwirkung von Wehrmachtseinheiten ermordet wurden.
Angesichts einer solchen Indifferenz gegenüber den Tätern und dem Verschweigen der Opfer fehlt an dieser Stelle nicht mehr viel zum faschistischen Heldengedenken, wie es sich die Nazis vorstellen.
Militaristen united
In den letzten Jahren waren die Nazis über das ganze Bundesgebiet hinweg am Volkstrauertag aktiv. Sie nahmen unter anderem an Veranstaltungen des Volksbund deutscher Kriegsgräberfürsorge (VdK) teil, sie legten Kränze an Kriegerdenkmälern nieder, reinigten und pflegten Kriegsgräberstätten.
In Berlin-Neukölln am Friedhof Columbiadamm versammelten sich am Volkstrauertag neben Bundeswehrangehörigen, Burschenschaftlern und Soldaten der Alliierten auch Mitglieder der NPD, DVU und der Kameradschaftsszene.
Organisiert hat das "Heldengedenken" Armin Brenker, stellvertretender Landesvorsitzender des "Verbands der Reservisten der Deutschen Bundeswehr". Mitveranstalter war das Standortkommando Berlin der Bundeswehr. In den Ansprachen wurden ausdrücklich rechtsextreme Organisationen wie die Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger und die SS-Veteranenvereinigung HIAG gewürdigt.
Gegen das Heldengedenken auf dem Columbiafriedhof
Der Garnisonsfriedhof am Columbiadamm ist gepflastert mit den Meilensteinen deutscher Geschichtsklitterung. Hier werden deutsches Heldengedenken und völkisch-nationalistische Traditionspflege seit Jahren relativ ungestört zelebriert. Vereint werden die Trauergäste durch die Verehrung ihrer im Kampf für die deutsche Nation gefallen Helden: „Wir starben auf das Deutschland lebe! So lasst uns leben in euch!“ - so lautet die Inschrift des zentralen Kriegerdenkmals zur Erinnerung an die im ersten Weltkrieg gefallenen Soldaten des Garde-Grenadier-Regiments No. 4. Weitere Denkmäler und Inschriften erinnern an die Soldaten des Zweiten Weltkrieges, der Kolonial- und zahlreicher anderer Kriege.